Klerikiller-Mythos (Fortsetzung)
Die Stunde der Beichte war herangerückt. Stumm saßen die bußfertigen Nonnen auf den harten Kirchenbänken und ließen die Perlen des Rosenkranzes durch ihre Finger gleiten. Ihre Lippen formten in kaum wahrnehmbarer Bewegung die Gebetsworte, doch nicht einmal ein Flüstern, nur der sanft ausgehauchte Atem entschwebte in die Stille des Kirchenschiffes.
Der heilige Strohsack hatte gerade die Sakristei verlassen, um seinen Beichtstuhl aufzusuchen, als er auf halbem Wege plötzlich innehielt und mit angehaltenem Atem lauschte … auf ein heiseres Flüstern lauschte. Es klang wie eine Hetzrede; leise, verstohlen, giftig. Der heilige Strohsack schaute nach links, von wo das Geflüster zu kommen schien. Er traute seinen Augen nicht.
Zwei konspirativ dreinschauende Säulenheilige: Der heilige Furunkel und die heilige Latrine, die sich in eine Nische eines der großen Kirchenpfeiler geduckt hatten, schienen miteinander zu tuscheln. Der heilige Strohsack lauschte, ob er denn verstehen könne, was die beiden so miteinander sprachen, was sie sich zu sagen hatten. Sie schnatterten allerdings in einer ihm völlig unbekannten Sprache, mit fremdartigen Lauten, redeten zudem irrsinnig schnell, dass es sich anhörte, als liefe ein Tonband, auf dem Stimmen aufgezeichnet waren, mit viel zu hoher Geschwindigkeit ab.
Dann erblickte der heilige Strohsack in jähem Entsetzen einen geringelten, schwarzbraunen Schwanz, der sich wie der Arm einer Krake um die heilige Latrine gelegt hatte. Der Teufelsschwanz – fuhr es blitzartig durch seinen Kopf.
Fortsetzung folgt.
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