Schlagwort: Heiliger Strohsack

167. Kalenderblatt 16. 06. 2025

Klerikiller Gründung (Fortsetzung und Schluss)

Um die ganze Sache etwas abzukürzen: Der heilige Strohsack und die heilige Pistazie fanden schließlich doch zueinander. Und von diesem Tage an war auch ein geheimer Bund geschlossen zwischen dem heiligen Strohsack und der heiligen Pistazie, der sie zu Weggefährten machte auf dunklen, verborgenen und verbrecherischen Pfaden. Zuerst ahnte keiner von beiden etwas von diesem geheimen Pakt. Aber mit der Zeit ging ihnen die Ahnung auf von der Kumpanei, in die sie auf schicksalhafte Weise hineingedrängt wurden. So flüsterte beispielsweise das Stroh auf dem Nachtlager der heiligen Pistazie dem Mädchen über das Medium des Traumes die Gedanken des heiligen Strohsacks ein, später sollten aus bloßen Gedanken dann auch Gedankenbefehle werden; und umgekehrt verriet der Pistazienkern, den der heilige Strohsack in einem Medaillon eingeschlossen auf seinem Herzen trug, die geheimsten Wünsche seiner Kumpanin, übermittelte ihm auch Antworten auf Fragen, die er ihr im Schlaf gestellt hatte. Im Laufe der Zeit entwickelte sich diese Art der Kommunikation zu absoluter Perfektheit und Zuverlässigkeit, und tolle Dinge sowie spektakuläre Verbrechen sollten später noch daraus erwachsen. Der heilige Strohsack und die heilige Pistazie sollten als die Klerikiller in die Kriminalgeschichte eingehen.

Damit ist die Gründungsphase der Klerikiller beendet. Bevor es weiter geht, bevor Kommissar Zaungast diese Heiligengeschichte mit Profanität besudelt, wollen wir dieses Kapitel nun schließen.

165. Kalenderblatt 14. 06. 2025

Klerikiller-Mythos (Fortsetzung)

Die Stunde der Beichte war herangerückt. Stumm saßen die bußfertigen Nonnen auf den harten Kirchenbänken und ließen die Perlen des Rosenkranzes durch ihre Finger gleiten. Ihre Lippen formten in kaum wahrnehmbarer Bewegung die Gebetsworte, doch nicht einmal ein Flüstern, nur der sanft ausgehauchte Atem entschwebte in die Stille des Kirchenschiffes.

Der heilige Strohsack hatte gerade die Sakristei verlassen, um seinen Beichtstuhl aufzusuchen, als er auf halbem Wege plötzlich innehielt und mit angehaltenem Atem lauschte … auf ein heiseres Flüstern lauschte. Es klang wie eine Hetzrede; leise, verstohlen, giftig. Der heilige Strohsack schaute nach links, von wo das Geflüster zu kommen schien. Er traute seinen Augen nicht.

Zwei konspirativ dreinschauende Säulenheilige: Der heilige Furunkel und die heilige Latrine, die sich in eine Nische eines der großen Kirchenpfeiler geduckt hatten, schienen miteinander zu tuscheln. Der heilige Strohsack lauschte, ob er denn verstehen könne, was die beiden so miteinander sprachen, was sie sich zu sagen hatten. Sie schnatterten allerdings in einer ihm völlig unbekannten Sprache, mit fremdartigen Lauten, redeten zudem irrsinnig schnell, dass es sich anhörte, als liefe ein Tonband, auf dem Stimmen aufgezeichnet waren, mit viel zu hoher Geschwindigkeit ab.

Dann erblickte der heilige Strohsack in jähem Entsetzen einen geringelten, schwarzbraunen Schwanz, der sich wie der Arm einer Krake um die heilige Latrine gelegt hatte. Der Teufelsschwanz – fuhr es blitzartig durch seinen Kopf.

Fortsetzung folgt.

162. Kalenderblatt 11. 06. 2025

Klerikiller Gründungsmythos (Fortsetzung)

Wenige Wochen nach Schwester Pistaziens Einzug in diesen Hort der Weltabgeschiedenheit, breitete sich im Kloster ein himmlischer Geruch aus. Ein Duft, der ohne Beispiel war, der eine Ahnung vom Paradies anklingen ließ; ein Duft wie von Schuhflickerorangen, von Weihrauch, Myrrhen, Sankt Rochus-Kraut, den erlesensten Parfümen Fabrizio Manikornes, Engelsodem und Hurenschweiß. Dieser Geruch schien direkt von der Novizin Pistazie auszugehen, ihren Poren zu entströmen, ihr Atem war davon geschwängert, ihr Schweiß davon durchtränkt.

Dass diese Nonne ein tiefes Geheimnis in ihrem Wesen barg, das ahnte Pater Spagatius alias der Heilige Strohsack schon lange, noch bevor sie diesen paradiesischen Geruch ihren Poren entströmen ließ. Vielleicht witterte ja sein Unterbewusstsein ihren vergifteten Heiligenschweiß. Jedenfalls wahrte er lange Zeit vorsichtige Distanz zu dieser verlockend geheimnisvollen Person.

Doch der Drang, sich ihr zu nähern, sie endlich zu besitzen, zu beherrschen – körperlich und geistig – der wucherte wie geiles Urwaldgestrüpp, gärte in seinem Inneren wie Hefe. Er erwog, den von ihr ausgehenden himmlisch-seraphischen Geruch als Teufelswerk zu brandmarken und zu verdammen, um sich ihrer dann zu bemächtigen, aber aus den Tiefen seines Unbewussten reckte sich ein warnender Zeigefinger steil in die Höhe und gebot ihm unmissverständlich Halt. Der Mönch war in einer Aufgewühltheit, wie er sie in seinem neuen umgekrempelten Dasein noch nie erlebt hatte, er zweifelte am Sinn seiner Verwandlung, trieb nun beinahe jede Woche den Teufel aus einer Nonne, ein schales Vergnügen, denn es zog ihn zu exquisiteren Formen der Lust hin, zu durch frisches, blaues Blut geadelten Praktiken. Es gelüstete ihn auch plötzlich wieder zu töten, seine Rolle als Exorzist mochte das Verlangen lange Zeit unterdrückt haben, jetzt brach es wieder aus ihm hervor. Jetzt, wo eine rätselhafte Schranke sich zwischen seinen despotischen Willen und dem auserkorenen Gegenstand seiner Begierden gesenkt hatte. Entweder, es gelang ihm bald, diese Schranke niederzureißen, beziehungsweise zu durchbrechen, oder er würde gezwungen sein, dem Wildbachrauschen in seinen Adern zu folgen, das den Blutdurst der inneren Bestie längst aufs Neue geweckt hatte.

Fortsetzung folgt

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