115. Kalenderblatt 25. 04. 2025

Als der Gralshüter des Trugs, der Chef der am strengsten bewachten Internierungsanstalt dieser Erde, dessen Identität wir nicht preisgeben dürfen, an einem 25. April Kommissar Zaungast seine Aufwartung machte, um ihn um Beistand in einer äußerst heiklen Angelegenheit zu bitten, da führte Zaungast gerade höchst tiefgründige, wenn auch mehr monologisierende Zwiesprache mit seinem Tresor.

„Wo gibt es einen sichereren Platz auf dieser Welt, als in dieser rechteckigen Höhlung, die mich hier so sphinxhaft anlächelt. Denn selbst der Mann mit der roten Jacke, das Kontrabass spielende Känguru und die singende Puderquaste sind hier sicher verwahrt. Das ist schon kein Perfektionismus mehr, das ist schiere Perfektomanie.“

„Großartig, Herr Kommissar“, sprach der Gralshüter des Trugs spontan seinen Beifall aus, „ich sehe, Sie sind mein Mann, meine und unser aller Rettung.“

Zaungast wandte sich um. „Wer sind Sie? Worum geht es?“

Der Mann stellte sich vor und breitete sein Dilemma vor Kommissar Zaungast aus: „Aus unserem streng bewachten Gehege der Illusionen ist eine Idee entflohen. Doch niemand kann mit Bestimmtheit sagen, um welche Idee es sich dabei handelt. Sie werden verstehen, dass dies der Supergau ist, allein deswegen, weil der bloße Schein in geistiger Hinsicht stets als gefährlicher einzustufen ist, als die unumstößliche Gewissheit. An den Auswirkungen der Idee auf das Leben, auf die Natur, auf die Menschheit sowie auf den weiteren Verlauf der Weltgeschichte, wird man vielleicht später Rückschlüsse ziehen können auf die Identität der Idee, falls wir ihr nicht vorher habhaft werden. Deswegen ist es essentiell, die Idee so bald als möglich dingfest zu machen.“

Fortsetzung folgt

114. Kalenderblatt 24. 04. 2025

Zaungasts Vorschlag, das zutiefst rassistische Lied ‚Zehn kleine Negerlein‘ durch ein zeitgemäßes Lied zu ersetzen: ‚Der Führer‘ oder ‚Die Seilschaft‘. Kann sowohl politisch als auch alpinistisch interpretiert werden.

Die Seilschaft stieg den Berg hinan, ein Führer und zehn hintendran.

Den Letzten hat der Schalk geritten, er hat sich selber abgeschnitten.

Die Seilschaft stieg den Berg hinan, ein Führer und neun hintendran.

Ein Fehltritt, dann ein Sturz, verdammt. Da waren’s neune insgesamt.

Die Seilschaft stieg den Berg hinan, ein Führer und acht hintendran.

Noch einer ist zurückgeblieben, und da waren’s nur noch sieben.

Die Seilschaft stieg den Berg hinan, ein Führer … sieben hintendran.

Der Führer schaut sich bangig um, sagt ‚Sappradi, der Tod geht um!

Die Seilschaft stieg den Berg hinan, ein Führer und sechs hintendran.

Und der Nächste dieser Runde blieb zurück, ging vor die Hunde.

Die Seilschaft stieg den Berg hinan, ein Führer und fünf hintendran.

‚Das Steigen, das ist kein Plaisier‘, sagt einer und da waren’s vier.

Die Seilschaft stieg den Berg hinan, ein Führer und vier hintendran.

Ein Mann war müd‘, wollt nicht mehr mit, da waren sie nur noch zu dritt.

Die Seilschaft stieg den Berg hinan, ein Führer und drei hintendran.

‚Bin kein geborener Alpinist‘, sagt einer und hat sich verpisst.

Die Seilschaft stieg den Berg hinan, ein Führer und zwei hintendran.

Der Hintere fand das Ziel zu weit, da waren sie nur noch zu zweit.

Die Seilschaft stieg den Berg hinan, ein Führer … einer hintendran.

Auf dessen Haupt fielen zwei Steine, da ging der Führer ganz alleine.

Das ist unausweichliches Schicksal eines jeden Führers!

113. Kalenderblatt 23. 04. 2025

Den heutigen Tag hat die Unesco zum Unesco-Welttag des Buches deklariert. Laut Kommissar Zaungast aber sind mindestens 99 Prozent aller Bücher nichts anderes als gebrauchtes Papier. Wer kauft gebrauchtes Papier, beispielsweise Toilettenpapier?

Kommissar Zaungast zum Nobelpreis-Komitee: Einen Stall voller Wallache und unfruchtbarer, frigider Schindmähren hat die schwedische Akademie mit der Wahl ihrer Literatur-Nobelpreisträger da zusammengepfercht. Es ist nicht ein einziger Hengst unter ihnen, nicht eine einzige Mutter, deren Milch über die nährende Kraft der Imagination verfügt. Das Trommeln ihrer Hufe befindet sich im gleichen Taktmaß mit dem Getrampel der Masse, ihr Wiehern ist weder originell noch rebellisch noch sonst was, lediglich ein leicht angesäuerter Schluckauf halbverdauten Gedankensalats.

Und unsere Gegenwartsautoren und Doktoranden? Letzte Hand an ihr Manuskript zu legen, kann für diese nur bedeuten, es dem Reißwolf zum Fraß vorzuwerfen.

112. Kalenderblatt 22. 04. 2025

Wir befinden uns in der dritten Dekade des April. Die Spargelzeit beginnt. Gourmets schlürfen sich die mit Bitterstoffen gesättigten weißen und grünen Stangen genüsslich hinein, wo es den meisten Kindern den Mund verziehen würde. Ein jeder wird sich eingestehen, dass er als Erwachsener schlechter sieht, schlechter hört, schlechter memoriert … als die Kinder. Man könnte die Aufzählung nach Belieben fortsetzen. Alles wird mit der Zeit eben schlechter, nichts wird besser. Was aber den Geschmackssinn angeht, behaupten die Erwachsenen, dass er nicht schlechter ist, sondern nur anders als bei Kindern. So schlürfen sie ihren essigsauren Wein, den sie als trocken etikettieren, kippen sich ihr hopfig-bitteres Bier hinter die Kiemen und lutschen das bittere Gemüse, das aus der Erde wächst.

Oder ist es auch seine steil aufragende phallische Struktur, die den Spargel so beliebt macht?

111. Kalenderblatt 21. 04. 2025

War das nun Blasphemie gestern in Zaungasts Jahreskalender, den Heilsbringer der Christenheit als Stehaufmännchen zu bezeichnen?

Bedenkt man, dass Blasphemie noch bis weit in das zwanzigste Jahrhundert hinein mitten im aufgeklärten Europa als eine Straftat angesehen und dementsprechend geahndet wurde, darf man sich über religiösen Fundamentalismus in anderen Regionen unserer Welt gar nicht wundern.

Gesetzt den Fall, es gibt gar keinen Gott, dann ist der Begriff Blasphemie an sich schon gegenstandslos. ‚Aber es gibt auf jeden Fall die Idee eines Gottes‘ mag man einwenden. Gewiss, aber kann eine Idee beleidigt werden? Gewiss nicht, allenfalls der Mensch als Träger der Idee.

Gesetzt den Fall, Gott existiert tatsächlich, dann ist die Vorstellung von Blasphemie sogar noch weitaus absurder, denn Gott kann man weder lästern noch beleidigen, man kann ihn nicht einmal denken, er befindet sich jenseits all dessen, was sich in eine Vorstellung bannen lässt. So wird der Begriff Blasphemie vollends ad absurdum geführt. Gott steht jenseits dessen, was sich lästern lässt!

110. Kalenderblatt 20. 04. 2025

20. April 2025, Ostersonntag. Früher einmal war Ostern das Fest des Stehaufmännchens, wie Zaungast den Heilsbringer der Christenheit bisweilen zu nennen pflegt. Heute ist es nur noch das Fest des Osterhasen. Eine reine Kinderbelustigung. Ebenso wie das Weihnachtsfest oder Kommunion/Konfirmation. Jeglicher Spiritualität entkernt.

109. Kalenderblatt 19. 04. 2025

Bärendienste und Bockmist sind die Beiträge der Patronin aller Schleuser, die in diesen Tagen wieder vermehrt die Schlagzeilen bestimmt. Eine Schleuserin, die wacker Kurs hält, was ihr deswegen leicht fällt, weil die potenzielle neue, Gewehr bei Fuß stehende Regierung ihr munter in die Segel bläst. Dazu breiten die Gebieter über die Aasgeier der Justiz schützend ihre Schwingen über die Unternehmungen jener Schleuserin aus. Aus der Tiefe ihrer Märchentruhe kramt sie die Argumente heraus, die ihr verwerfliches Tun rechtfertigen sollen. Wo ist der Staatsanwalt, der Anklage erhebt gegen dieses Schleusertum? Wo ist der Richter, der diesem Wahnsinn Einhalt gebietet? Aber vor allem: Wo ist die Journaille, die der Schleuserin den Mantel der Tugendglorie wegzieht, um die wahren Beweggründe ihres Handelns aufzudecken? So geht es halt immer weiter, eine immer größer werdende Menschenmasse sammelt sich hier an, in der die Hefe des Eroberers und Usurpators gärt. Troja lässt grüßen!

Noch eine kurze Bemerkung zu einem kaspernden ZDF Klön-August: Böhmermanns Zunge ist lang und spitz, alles andere an ihm aber ist zu kurz und zu stumpf. Ein Extrablatt in diesem geistversprühenden Kalender (kleiner Scherz) hat dieser Medienclown gewiss nicht verdient.

108. Kalenderblatt 18. 04. 2025

Heute am Karfreitag versammeln sich die Gläubigen in Städten und Dörfern zur Karfreitagsprozession. Wie viele davon werden abgesagt? Wie viele machen sich unter Sicherheitsauflagen auf den Weg des Leidens? Und wie viele haben ihren Glauben eh schon verraten und schwenken die Fahne des Propheten?

Ja, das Judasevangelium ist das lebendige Menschheitsevangelium. Es lebt und wirkt durch das Wort, durch den Gedanken, durch die Tat. Der Mensch ist in der Tat der geborene Verräter, er ist der Ehrlichkeit des Tieres verlustig gegangen ohne sich eine neue Aufrichtigkeit dafür eingehandelt zu haben. Er begeht fortwährend Verrat an seinen Instinkten durch seine Gedanken und umgekehrt begeht er Verrat an seinen Gedanken durch seine Instinkte. Ein durch und durch verräterisches, verlogenes Geschöpf.

Meint Kommissar Zaungast

107. Kalenderblatt 17. 04. 2025

Donnerstag, der 17. 04. Talkshowtag im ZDF. Mal wieder. An welchem Tag läuft eigentlich keine Talkshow? Man kann die Klügeren unter den Gästen manchmal nicht verstehen, wie sie sich dazu herablassen können, mit bestimmten Leuten zu diskutieren. Bisweilen drängt sich der Eindruck auf, dass man auch einen Affen, einen Pinguin oder einen Ameisenbär in den Talkshows platzieren könnte.

Vorschlag Kommissar Zaungasts: Holt euch eure Talkgäste demnächst aus dem Circus Althoff oder aus Hagenbecks Tierpark, dann wird es, wenn schon nicht geistreich, wenigstens unterhaltsam.

106. Kalenderblatt 16. 04. 2025

Oft schon wurden die Politiker in diesem Kalender beleuchtet und wir sahen immer wieder viel Schatten und wenig, dazu noch stark getrübtes Licht. Heute werfen wir den unerbittlichen Scheinwerfer der Satire auf ihre Maskenbildner und Visagisten.

Die Visagisten und Maskenbildner unserer Politiker sind Chiropraktiker und Schönfärber, die den verlogenen Kernen auch noch zu einer verlogenen Schale verhelfen.

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