Gründungsmythos Klerikiller (Fortsetzung)

Die Kargheit und Düsternis von Furzillas Zelle, die künftig auf den Namen Schwester Pistazie hören sollte, hatte zunächst nur Abweisendes für die junge Frau. Ein vergittertes Fenster, ein Stuhl, ein kleiner Tisch, ein Betpult mit Gebetsbuch und Kerzenhalter, ein Kruzifix an der weißgetünchten Wand, eine mit Stroh bedeckte Pritsche. Auf dem Tisch lagen eine Geißel, eine neunschwänzige Katze sowie noch eine geringe Anzahl anderer merkwürdiger Gerätschaften, Folterwerkzeuge, wie es schien; alle dazu dienlich, durch Selbstkasteiung aus einer jungen Frau eine Nonne und später, so es Gottes Wille war, auch eine Heilige zu machen.

Die Fasten- und Büßerspeise, die gewöhnlich auf dem Speiseplan dieses Klosters stand, genügte gerade einmal den dringlichsten, den lebensnotwendigsten Bedürfnissen des menschlichen Körpers. Allerlei Krauch- und Krabbelgeziefer oder etwelches Gewürm, mit knauseriger Kelle portioniert, bildeten die Hauptmahlzeiten; scharfkantiges Gras, das die Zunge und die Lippen zerschnitt, ersetzte den Salat, anstelle von Salz und Pfeffer wurde nur Asche zum Würzen verwendet. Manchmal, an Festtagen oder Sonntagen, gab es eine abscheuliche Brotsuppe, eigentlich zu nahrhaft für eine Büßerspeise, allein wegen ihres unansehnlichen Graus wurde sie von der ehrwürdigen Mutter Rabea als Bestandteil des Speisezettels geduldet. Es wurden aber keine Rosinen in den grauen Brei hineingemengt, sondern pürierte Eicheln, um der Suppe die nötige Bitternis zu geben.

Doch selbst diese abscheuliche Atzung genügte den überhöhten Ansprüchen der Schwester Pistazie an ihr Büßertum auf die Dauer nicht. Bald schon ernährte sie sich ausschließlich von den Küchenabfällen oder von dem, was ihre Mitschwestern übrig ließen; ekelhafte, an den Tellerrand geschleimte Unverdaulichkeiten, stinkende Überreste, ausgespieen, mit Stochern aus Zahnlücken gepult. Und selbst das Spülwasser wurde von ihr langsam durch ein feines Teesieb gegossen, um noch Essensreste aus der schmutzigen Brühe herauszufiltern. Ihren Durst stillte sie nur aus den verschlammtesten Pfützen, demütig, gesenkten Hauptes auf den Knien liegend, um dann in dieser demutsvollen Haltung sich daraus zu laben.

Fortsetzung demnächst