Schlagwort: Illusionen

209. Kalenderblatt 28. 07. 2025

Der Tag des 28. 07. beginnt für Kommissar Zaungast musikalisch, bevor es mit der verrückten Geschichte von gestern weitergeht. Die Ampel war die Ouvertüre zur Komischen Oper Willküre, inszeniert und aufgeführt von der Regierung King Beil. Und sie war das Präludium zum Requiem für unser Volk, komponiert von dem kleinen Friedrich Gernegroß und seinen NGO-Gehilfen vom Chor der schrägen Vögel.

„Entschuldigung“, sagte ich, „dürfte ich einmal Ihr Fernglas benutzen?“ – „Nein“, wies er mich ab. Ich gab ihm eins auf die Fresse und nahm ihm das Glas weg. „Schnell … das Glas … er springt … jetzt fällt er!“

Zu spät richtete ich das Fernglas nach oben. Ich sah nur noch die leere Wolkenbank, der Mann, der dort eben noch gesessen hatte, der war verschwunden. Als ich mit meinem Glas tiefer ging, sah ich einen Fetzen Papier in der Luft schweben. Seine Zeitung.

„Kann ich mal schauen?“ – „Hier, nimm“, sagte ich. – „Du glaubst es nicht … da steht sogar ein Schriftzug auf der Bank.“ – „So? Was steht denn drauf? Kannst du es entziffern?“ fragte ich. – „Warte mal … ja … Wolke Sieben … gestiftet von … von Ihrer Majestät … der … äh … der Illusion.“

Damit war die Sache für mich schon erledigt. Seine Stimme war meine Stimme. Die Wolkenbank hatte sich aufgelöst. Nach der Zeitung brauchte ich nicht lange zu suchen. Sie segelte nämlich direkt in meine Hände. Es war eine Zeitung aus dem Jahre eins. Sie berichtete von der Erschaffung der Welt.

Fortsetzung und Schluss der Geschichte folgt am morgigen Tag.

208. Kalenderblatt 27. 07. 2025

Nach einigen Kommentaren zur Lage im Land nun mal wieder eine verrückte Geschichte.

„Schau doch mal … die Wolke dort … wie eine Bank … wie eine richtige Bank … und … da … da sitzt auch einer drauf … das gibt’s doch nicht …“

Nein, das konnte es nicht geben. Trotzdem schaute ich auf und ließ meine Blicke in die von Wolkenschiffen durchsegelte azurblaue Weite des Himmels schweifen. „Siehst du’s?“

Ich sah es. Und was ich da sah, das schien mir die verschrobenste Laune, die die Natur wohl jemals hervorgebracht hatte. Eine Wolke wie eine Bank, eine Parkbank in etwa 150 Metern Höhe. Nein, ich spreche nicht von Ähnlichkeiten, das war eine richtige Bank, eine Wolkenbank in absoluter Perfektion. Jedes Detail stimmte. Und da saß auch einer drauf. Er las Zeitung. Ja, es schien so, als hielte er eine Zeitung in seinen Händen.

„Sag doch was, siehst du es auch?“ … „Ja, ich sehe es“, sagte ich. … „Ich bin also noch nicht plemplem?“ … „Nein“, sagte ich.

Die Gestalt, die da auf der Bank saß, war keineswegs ein kurioses Wolkengebilde wie die Bank, es war ein Mensch, ein Mann, beziehungsweise das Bild eines Mannes, das meine Vorstellungskraft in den Himmel projizierte, genau auf diese kuriose Wolkenbank, die ihre Struktur in den letzten zwei Minuten erstaunlicherweise überhaupt nicht mehr verändert hatte.

„Da … er bewegt sich … jetzt hat er sich bewegt!“ … „Das kann nicht sein“, sagte ich. Es war aber so. Er hatte seine Zeitung umgeblättert. Der Zufall wollte es, dass genau in diesem Augenblick ein bärtiger älterer Herr mit einem Fernglas daherkam, das er sich um den Hals gehängt hatte.

Morgen oder an einem der nächsten Tage geht’s weiter.

115. Kalenderblatt 25. 04. 2025

Als der Gralshüter des Trugs, der Chef der am strengsten bewachten Internierungsanstalt dieser Erde, dessen Identität wir nicht preisgeben dürfen, an einem 25. April Kommissar Zaungast seine Aufwartung machte, um ihn um Beistand in einer äußerst heiklen Angelegenheit zu bitten, da führte Zaungast gerade höchst tiefgründige, wenn auch mehr monologisierende Zwiesprache mit seinem Tresor.

„Wo gibt es einen sichereren Platz auf dieser Welt, als in dieser rechteckigen Höhlung, die mich hier so sphinxhaft anlächelt. Denn selbst der Mann mit der roten Jacke, das Kontrabass spielende Känguru und die singende Puderquaste sind hier sicher verwahrt. Das ist schon kein Perfektionismus mehr, das ist schiere Perfektomanie.“

„Großartig, Herr Kommissar“, sprach der Gralshüter des Trugs spontan seinen Beifall aus, „ich sehe, Sie sind mein Mann, meine und unser aller Rettung.“

Zaungast wandte sich um. „Wer sind Sie? Worum geht es?“

Der Mann stellte sich vor und breitete sein Dilemma vor Kommissar Zaungast aus: „Aus unserem streng bewachten Gehege der Illusionen ist eine Idee entflohen. Doch niemand kann mit Bestimmtheit sagen, um welche Idee es sich dabei handelt. Sie werden verstehen, dass dies der Supergau ist, allein deswegen, weil der bloße Schein in geistiger Hinsicht stets als gefährlicher einzustufen ist, als die unumstößliche Gewissheit. An den Auswirkungen der Idee auf das Leben, auf die Natur, auf die Menschheit sowie auf den weiteren Verlauf der Weltgeschichte, wird man vielleicht später Rückschlüsse ziehen können auf die Identität der Idee, falls wir ihr nicht vorher habhaft werden. Deswegen ist es essentiell, die Idee so bald als möglich dingfest zu machen.“

Fortsetzung folgt

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