Ein zweijähriges Mädchen und seine Mutter, die den Anschlag von München zunächst überlebt hatten, sind ihren schweren Verletzungen erlegen. Und diejenigen, die so etwas möglich gemacht haben und immer noch ermöglichen, kleben weiterhin auf ihren Sesseln oder hocken hinter Brandmauern und haben nichts anderes zu tun, als sich gegenseitig anzugeifern, um sich auf diese widerwärtige Weise den Bürgern zur Wahl zu empfehlen. Wie schäbig, wie erbärmlich! Ihre Lippenbekenntnisse waren Thema im 45. Kalenderblatt. Morgen kommen wir noch einmal darauf zurück, jedoch in etwas schärferer Form, mag auch die Geheime Staatspolizei am übernächsten Morgen vor der Tür des Chronisten stehen.
Das heutige Kalenderblatt führt uns in den Februar des Jahres 2001, zu Zaungasts blutiger Vision einer Ampel (Zaungast jagt Kaiser auf der Wurst).
Zaungast starrte in das rote Auge der Ampel wie in einen Schaukasten und sah eine rote Flutwelle über das Land schwappen. Es war Blut; dampfendes, sprudelndes Blut, das blubbernd unterirdischen Quellen entsprang und weite Landstriche in ein wogendes, rotes Meer verwandelte. Und als dann das Blut dicker wurde und zu gerinnen begann, da verkrustete es sich zu Rosenblüten, zu einem dunkelroten, endlosen Rosenteppich aus geronnenem Blut. Und dann marschierten Tausende und Abertausende von Erlenhölzern los, die kriegerischsten unter den Bäumen; sie zerstampften den Teppich, wühlten mit ihren starken Wurzeln den Untergrund auf, und ihre Zweige peitschten das wieder in Wallung geratene Blut einen ganzen Tag lang, und als die Nacht hereinbrach, prügelten die Zweige die schwappende Blutsuppe heftiger und heftiger, daß die schwarzroten Klumpen bis an den Himmel klatschten und die Sterne auslöschten und tiefste Finsternis das Land beherrschte.