Schlagwort: Aas

272. Kalenderblatt 29.09. 2025

Der heutige Beitrag kommt mit einem Tag Verspätung. Er ist einem der bedeutendsten deutschsprachigen Satiriker gewidmet: Oskar Panizza, der am 28. September 1921 verstarb. Im Folgenden nun eine Theater- bzw. Musik-Kritik von Oskar Panizza, wo sich der Leser nicht nur über die Rechtschreibung wundern wird.

„… das schreit ja Alles gegen den Himmel der Aestetik hinauf! Himmel! es stinkt in diesem Theater, und in allen diesen Samt-Kißen der letztnächtige Schweis, und jetzt noch diese Korsett-Annonsen mit Wallfisch-Einlagen … die ganze Vorstellung kann mir jetzt gestohlen werden … welche Heiserkeit in diesen Akkorden, welche Stimmbandlähmung in diesen Hilferufen, welche Ausgeschrieenheit in diesen Holzbläsern! … Da ist Alles versengt, Alles verbrant, da ist nur noch Asche, nur noch trokner Asfalt und bituminöses Herzklopfen … Gott, welches Aas komt denn da herein? – Welches Aas will denn da jetzt in’s Parkett? – Wir stehen beim Tot eines Helden, und dieses Aas komt vielleicht von irgend einem Five-o’clock-tea, wo es sich von allen Hern abküßen ließ, und will hier ruhig weiterfahren – Alles steht auf! – Es ist zum Opern-Glas-Hinunterschmeißen! … Pst! … Pst … Ja, setzen Sie sich! – Diese koloßale Ungezogenheit! – Diese ganz auserdimensjonale Unverschämtheit!“

51. Kalenderblatt 20. 02. 2025

Aus dem Tagebuch des Islamkritikers Kürpick (Fortsetzung)

20. Februar. Heute Morgen krabbelte ein Aaskäfer aus einer Ritze meines Bettes. Hat dieses Vieh unter meiner Matratze überwintert? Wo bleibt der Kammerjäger? Es ist alles höchst beunruhigend. Gestern die Spinne, heute der Aaskäfer, den ich als einen Rotgebänderten Totengräber identifizieren konnte. Und die Totenuhr tickt weiter.

Aus dem Wandkalender Kommissar Zaungasts (Februar)

An jenen Tag, mein Herz, erinnre dich, Es war ein schöner milder Sommertag: Ein Aas am Wegesrande widerlich Auf einem Bett von Kieseln lag.

Die Beine spreizend wie ein geiles Weib, Gift schwitzend und vergoren, Erschloss es seinen aufgedunsenen Leib, Nachlässig, unverfroren.

Und Fliegen summten über faulen Därmen, Daraus wie zähe Flüssigkeiten Die Larven krochen, sich in schwarzen Schwärmen Über die Fetzen auszubreiten.

Doch wirst auch du wie dieser Unrat sein, wie diese Pest, so grauenhaft, Stern meiner Augen, Licht in meinem Sein, Mein Engel du und meine Leidenschaft. (Aus dem Gedicht ‚Ein Aas‘ von Charles Baudelaire in der Übersetzung von Monika Fahrenbach-Wachendorf)

Aus dem Tagebuch von Kommissar Zaungast. 20. Januar

Aas ist Leben, nicht nur bakterielles Leben. Aus den ‚Würmern‘, die in dem Klumpen der Verwesung, der Fäulnis und des Gestanks schmausen, erheben sich beflügelt später hübsche Käfer oder Fliegen. Als Leiche gibst du das Leben weiter. Viele Menschen scheuen diesen Gedanken wohl und möchten lieber in die Urne. Aber niemals erhebt sich aus dieser Urne ein Phoenix aus der Asche, ebensowenig wie sich aus der Wahlurne durch Wählerauftrag ein feingeistiger Menschenführer und Staatslenker erhebt.

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