Ein neuer Papst wurde gewählt. Gestern am frühen Abend unserer Zeit. Leider stand das ganze Ritual mal wieder unter dem Makel der kulturellen Aneignung. Wenn man sich schon der Rauchzeichen bedient, so sollte man zumindest auch einen Apache, einen Comanche oder einen Sioux zum Papst wählen. Immerhin ist es diesmal ein Amerikaner.
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Achter Mai 1891, Todestag von Helena Petrowna Blavatsky
Romantik, Magie und das Absurde sind untrennbar miteinander verbunden. Das sehen wir besonders deutlich bei E. T. A. Hoffmann und seinem Zeitgenossen, dem verrückten Professor Spalanzani, denen dieser Kalender ja bereits ein Blatt gewidmet hat. Nach dem Zeitalter der Aufklärung ging mit der heraufdämmernden Romantik auch ein Wiederaufleben der Magie einher. Eine der schillerndsten Persönlichkeiten im Umfeld der Magie war zweifellos Helena Petrowna Blavatsky, deren Todestag sich heute zum 134. Mal jährt. Sie war unter anderem Gründerin der Theosophischen Gesellschaft und wurde weltberühmt. Madame Blavatsky konnte angeblich Rosen regnen lassen und aus dem Nichts Tassen und Untertassen hervorzaubern. Nun wissen wir auch, wo all die fliegenden Untertassen herrühren! Legendär ist auch Madame Blavatskys Talent, originelle Flüche vom Stapel zu lassen. Vor allem aber durch ihren überbordenden Humor, durch ihre von allen Zeitgenossen beglaubigte Spitzbübigkeit, verdient sie sich einen Platz in diesem Kalender.
Glaubwürdige Quellen behaupten, dass sie selbst vernunftbegabten Menschen suggerieren konnte, dass über dem Nordpol ein zweiter Erdball befestigt sei, dass daher die Erde einer Hantel gleiche.
Gestern war der große Tag des F. M. Nachlese:
F. M., der Mann, der schamlos in das Joch der Stasi-Nachfolger gekrochen ist.
F. M., der Mann, der sich biegt wie der Wind ihn gerade anweht.
F. M., der Großmeister im Anbalzen linker Vögel.
F. M., die konservative Schale einer ausgehöhlten Frucht.
F. M., der Stinkefinger, der sich gegen uns alle erhebt.
F. M., ein Verlierer, der sich noch im Angesicht der Niederlage in dünkelhaftem Stolz aufplustert.
F. M., ein Zwerg, gefangen im Fieberwahn autosuggestiver Größe.
F. M., der vierte Reiter der Apokalypse.
F. M., der Mann, der alle Kategorien des Verrats perfekt beherrscht.
F. M., der Mann, der sich von der politischen Vernunft abgenabelt und sich in hündische Abhängigkeit von King Beil begeben hat.
Aus Zaungasts Aphorismen-Sammlung
Gott behüte … und nicht die Bischofsmütze … und nicht der muselmanische Turban … und nicht die preußische Pickelhaube … und nicht der Doktorhut der Wissenschaften … und nicht die Krone des Regenten … allenfalls noch die Narrenkappe. Seien wir also auf der Hut!
Manch einer hat die ganze Welt bereist und doch weniger gesehen als ein in der Heimaterde verwurzelter Naturfreund.
Fies. Fieser. Faeser.
Die Zote verhält sich zur Ironie wie die Pisse zum Champagner.
Geflügelte Worte stehen nicht für die Ewigkeit. Sie müssen Federn lassen. Je häufiger sie zitiert werden, desto mehr verlieren sie dabei.
Aus einer Verlegenheit wird nicht nur orthographisch schnell eine Verlogenheit.
Standrechtlich und standesamtlich gefasste Entschlüsse sind zumeist Schnellschüsse wider die Vernunft.
Gut. Besser. Bestialisch.
Montag, der fünfte Mai. Zu Beginn der neuen Woche lassen wir mal den Optimisten zu Wort kommen. Er lebt in dem verschlafenen Nest Hohlwangen. Der Optimist ist Maler. Seine bevorzugten Farbtöne sind aschgrau, mausgrau, eselsgrau, nadelstreifenanzugsgrau und nachtssindallekatzengrau. Er sagt: „Grau ist die Substanz, durch die sich schwerfällig unsere Gedanken pflügen, grau sind die Theorien, die von diesen Gedanken hervorgebracht werden, und grau ist die Zukunft, nach der sie sich ausrichten.“
Die Pessimisten nennen ihn einen Schönfärber. Ihr bevorzugter Farbton ist das pechschwarz.
„Ob Pessimist aus Überzeugung oder Optimist aus Pflichtgefühl, es ist alles derselbe Mist.“ Sagt Kommissar Zaungast.
Der evangelische Kirchentag geht zu Ende. Queere Tiere auf der Arche. Befreiungstheologisches Netzwerk Berlin. Von Schnabeltieren und genderqueeren Heiligen. Antirassismustrainerinnnen. Veranstaltungen mit Ausschluss weißer Kinder. Et cetera
Nein, das ist keine Realsatire, das ist eine Akkumulation von Schwachsinn. Die Organisatoren des evangelischen Kirchentages haben die Niveaulatte für ihre komplett derangierten Limbotänzer noch einmal eine Stufe niedriger gehängt. So tief, dass nur noch verächtliches Gewürm darunter hindurchkriechen kann. Die letzte Stufe der Erniedrigung. Wer dort ans Rednerpult tritt, macht sich endgültig zur albernen Witzfigur. Und von solchen Leuten werden wir regiert. Das Land versinkt immer mehr in Dummheit und Schande.
Meint Kommissar Zaungast
Zaungast und die fahnenflüchtige Idee oder ‚Die Weisheit der Nancy Faeser‘
Wir bringen die Geschichte von der fahnenflüchtigen Idee heute zu einem unvorhergesehenen Ende. Denn die großartige Nancy Faeser bewerkstelligte mit ihren Jüngern vom Verfassungsschutz ein unglaubliches Wunder: Aus Nichts schuf sie 1.100 Seiten in Buchstaben und Zahlen gegossene Weisheit.
Die Bürger tragen das Kreuz, Frau Faeser trägt als Botschafterin des Propheten Aladins Wunderlampe, worin sich die Weisheit versteckt hat. Nancy Faeser, die Allgewaltige, die jenseits allgemein menschlicher Maßstäbe steht und ob ihrer schieren Größe und Großartigkeit nur noch mit sich selbst verglichen werden kann. Wenige Tage, bevor sie das sie unterfordernde Ministeramt verlässt, um endgültig in den Olymp der die Menschheit beglückenden Lichtengel aufzusteigen, gibt sie eine Weisung an die Intelligenzbestien ihres Verfassungsschutzes, zu verkünden, dass sie im Besitz von 1.100 Seiten geheimer Weisheit wären. Ihr nachfolgende Generationen werden ganze Lorbeerplantagen anlegen, um einen Kranz zu binden, der ihrem Ruhm gerecht werden kann. Schmerzlich vermissen werden wir den Sternenglanz ihres Frohsinns, ihre belcanteske Stimme, ebenso ihren von üppiger Weichheit und sinnlichem Reiz geprägten Sex-Appeal. Die in ihr schwelenden Feuer eines bis in die letzten Fasern durchgeistigten Wesens werden für immer in der ruhmreichen deutschen Geschichte leuchten.
Selbst die Hölle versagt ihr nicht die Anerkennung und hat ihr die Leitung ihrer obersten Inquisitionsbehörde angeboten.
Fortsetzung: Zaungast und die fahnenflüchtige Idee
Eine zwielichtige Gestalt gießt mit einer großen Schöpfkelle weißes Licht in eine trübe Laternenfunzel. „Die Weisheit!“ entfuhr es Zaungast, „ich habe es geahnt, es ist die Weisheit. Das fehlte noch, dass sie den Leuten Lichter aufsteckt.“
Agent Z7: „Die Laterne steht am Botanischen Garten. Es ist 21Uhr 47!“
Zaungast: „Botanischer Garten. Das Luder versucht augenscheinlich die Pflanzenseele zu kontaminieren, nachdem ihre oder seine diesbezüglichen Bestrebungen in zoologisch-anthropologischer Richtung nicht gefruchtet haben.“ Zaungast begab sich zum Botanischen Garten. „Die Weisheit“, flüsterte er ehrfurchtsvoll. „Sie wählt sich eine Glühbirne als Refugium statt einer menschlichen … äh … Birne, und sie tut gut daran. Der Kommissar trat näher heran. „Verdammte Tat!“ entfuhr es ihm, „da hockt sie tatsächlich!“
Wir wissen natürlich nicht, ob Kommissar Zaungast wahrhaftig eine Gestalt dort in der Laterne gesehen hat, oder ob er nur vorgab, aus irgendeinem nur ihm bekannten Grund, sie dort zu sehen. Vielleicht hatte den Kommissar auch nur eine Halluzination genarrt. Und sind nicht Halluzination und Weisheit letzten Endes dasselbe?
Fortsetzung folgt
Eine Parabel
Maifeiertag. Die Gewerkschaften rufen zu ihren Maikundgebungen auf. Auch die unter Bauchschmerzen leidenden Maikäfer Germanistans riefen auf zu einer Großdemo, die irgendwann zwischen Mitternacht und Morgengrauen stattfinden sollte. Vom Geiste des seligen Wilhelm Busch beseelt, pilgerten sie zur Residenz des sauerländischen und sauertöpfischen, tölpelhaften Onkel Fritz, um ihn an seine Versprechen zu erinnern. Versprechen, die der große King Beil alle einkassiert hatte. Die Käfer wollten dem Onkel Fritz Feuer unter dem Hintern machen, denn das Feuer, das dieser bisher ausstrahlte, schien nicht mal in der Lage, ein Teelicht zu entflammen, es sei denn, es handelte sich darum, grünen Tee aufzuwärmen. Im Krebsgang wollten sie die lange Strecke bewältigen, bis sie sich der Tatsache bewusst wurden, dass sie doch Flügel hatten.
Angesichts eines solchen Aufmarsches beflügelter Opposition erfuhr die Uneinigkeit im Allparteienlager eine empfindliche Betriebsstörung. So rauften sie sich zusammen und errichteten eine imaginäre Mauer. Der Allparteienclan mobilisierte alle ihm zur Verfügung stehenden rhetorischen Kräfte und gründete einen Chor von gespaltenen Zungen. Im Sperrfeuer sophistischer Zungenwetzerei kam der Demonstrationszug der Sumsemänner dann zum Stehen. Sie wurden mit dem Sand leerer Versprechungen überhäuft und für weitere vier Jahre zum Engerlingsdasein unter germanischer Scholle verdammt.
Kommt dann in vier Jahren schon wieder das nächste böse Erwachen?
30. April, die Nacht zum ersten Mai. Walpurgisnacht.
Das Diktat der Aufklärung hat sie in die Verbannung geschickt, die Hexen vom Blocksberg. Doch einmal im Jahr erheben sie sich, auf ihren Besen reitend, zu neuer Daseinsfrische in den Himmel der Walpurgisnacht. Und die verödete Nachtseite des aufgeklärten Menschen beginnt klammheimlich zu gären unter dem erstarrten Panzer wissenschaftshöriger Unfehlbarkeit. Diese Nacht zelebriert ein Sich-Gewahr-Werden unserer mystischen Wurzeln, die tiefer reichen als der Anker des ‚Gesunden Menschenverstandes‘. Dieses in seinem Wert völlig unterschätzte Erbe sollten wir ehren und pflegen, nicht nur in der Walpurgisnacht.