Monat: Mai 2025

122. Kalenderblatt 02. 05. 2025

Fortsetzung: Zaungast und die fahnenflüchtige Idee

Eine zwielichtige Gestalt gießt mit einer großen Schöpfkelle weißes Licht in eine trübe Laternenfunzel. „Die Weisheit!“ entfuhr es Zaungast, „ich habe es geahnt, es ist die Weisheit. Das fehlte noch, dass sie den Leuten Lichter aufsteckt.“

Agent Z7: „Die Laterne steht am Botanischen Garten. Es ist 21Uhr 47!“

Zaungast: „Botanischer Garten. Das Luder versucht augenscheinlich die Pflanzenseele zu kontaminieren, nachdem ihre oder seine diesbezüglichen Bestrebungen in zoologisch-anthropologischer Richtung nicht gefruchtet haben.“ Zaungast begab sich zum Botanischen Garten. „Die Weisheit“, flüsterte er ehrfurchtsvoll. „Sie wählt sich eine Glühbirne als Refugium statt einer menschlichen … äh … Birne, und sie tut gut daran. Der Kommissar trat näher heran. „Verdammte Tat!“ entfuhr es ihm, „da hockt sie tatsächlich!“

Wir wissen natürlich nicht, ob Kommissar Zaungast wahrhaftig eine Gestalt dort in der Laterne gesehen hat, oder ob er nur vorgab, aus irgendeinem nur ihm bekannten Grund, sie dort zu sehen. Vielleicht hatte den Kommissar auch nur eine Halluzination genarrt. Und sind nicht Halluzination und Weisheit letzten Endes dasselbe?

Fortsetzung folgt

121. Kalenderblatt 01. 05. 2025

Eine Parabel

Maifeiertag. Die Gewerkschaften rufen zu ihren Maikundgebungen auf. Auch die unter Bauchschmerzen leidenden Maikäfer Germanistans riefen auf zu einer Großdemo, die irgendwann zwischen Mitternacht und Morgengrauen stattfinden sollte. Vom Geiste des seligen Wilhelm Busch beseelt, pilgerten sie zur Residenz des sauerländischen und sauertöpfischen, tölpelhaften Onkel Fritz, um ihn an seine Versprechen zu erinnern. Versprechen, die der große King Beil alle einkassiert hatte. Die Käfer wollten dem Onkel Fritz Feuer unter dem Hintern machen, denn das Feuer, das dieser bisher ausstrahlte, schien nicht mal in der Lage, ein Teelicht zu entflammen, es sei denn, es handelte sich darum, grünen Tee aufzuwärmen. Im Krebsgang wollten sie die lange Strecke bewältigen, bis sie sich der Tatsache bewusst wurden, dass sie doch Flügel hatten.

Angesichts eines solchen Aufmarsches beflügelter Opposition erfuhr die Uneinigkeit im Allparteienlager eine empfindliche Betriebsstörung. So rauften sie sich zusammen und errichteten eine imaginäre Mauer. Der Allparteienclan mobilisierte alle ihm zur Verfügung stehenden rhetorischen Kräfte und gründete einen Chor von gespaltenen Zungen. Im Sperrfeuer sophistischer Zungenwetzerei kam der Demonstrationszug der Sumsemänner dann zum Stehen. Sie wurden mit dem Sand leerer Versprechungen überhäuft und für weitere vier Jahre zum Engerlingsdasein unter germanischer Scholle verdammt.

Kommt dann in vier Jahren schon wieder das nächste böse Erwachen?

© 2025 Kommissar Zaungast

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