Gründungsmythos Klerikiller (Fortsetzung) Das Kloster der rabenschwarzen Büßerinnen.

Das Kloster der rabenschwarzen Büßerinnen war berühmt ob seiner totalen Weltabgeschiedenheit. Zerknirschung und Demut herrschten innerhalb seiner hohen Mauern, die Andachtsübungen und Kasteiungen übertrafen in ihrer Radikalität selbst die Praktiken der strengsten Glaubensfanatiker des Mittelalters und waren von einer unverhohlen masochistischen Qualität. Die ursprünglichen Ordensinsignien dieses kleinen Ordens, der noch lange nicht jede Bewerberin in seine Reihen aufnahm, waren zwei sich kreuzende Palmzweige. Eines Morgens nun entdeckte eine der barmherzigen Schwesten, dass die Palmzweige über Nacht schwarz geworden waren und nun wahrhaftig aussahen wie zwei Rabenfittiche. Wie es sich schnell herausstellte, traf dies auf sämtliche Insignien innerhalb der Klostermauern zu und wurde allgemein als ein Fingerzeig Gottes angesehen. Was Gott aber damit hatte zeigen wollen, darüber gingen die Mutmaßungen weit auseinander. Kurz und gut, der Vorgang führte schließlich dazu, dass die Oberin des Konvents, die ehrwürdige Mutter Rabea, anordnete, Bußübungen und Kasteiungen noch ein weiteres Mal zu verschärfen. Die Rabenflügel aber wurden als geheiligte Insignien des Ordens beibehalten und erfuhren fortan eine abgöttische Verehrung, die den Palmzweigen niemals in dieser Form zuteil geworden war.