Zehnter April 1877. Der Geburtstag Alfred Kubins, dem wir dieses Blatt widmen wollen. Bekannt vor allem als Illustrator phantastischer Literatur wie beispielsweise der Werke Edgar Allan Poes, hat er auch selbst einen bedeutenden Beitrag zum literarischen Surrealismus beigesteuert. Den Roman ‚Die andere Seite‘. Hieraus nun ein paar bemerkenswerte Zitate daraus:

„Ihnen entgegenkommende Menschen verdoppelten oder vervielfachten sich, wurden zu Ansammlungen! Sie hoben die Beine, um über eingebildete Hindernisse hinweg zu schreiten, tasteten sich auf allen vieren den Boden entlang, stets vor sich einen Abgrund wähnend.“

„Sie lallten nur noch, konnten sich nicht mehr verständigen, sie hatten das Vermögen der Sprache verloren. Fast alle waren nackt, die robusteren Männer stießen die schwächeren Weiber in die Aasflut, wo sie, von den Ausdünstungen betäubt, untergingen. Der große Platz glich einer gigantischen Kloake, in welcher man mit letzter Kraft einander würgte und biß und schließlich verendete. Aus Fensterlöchern hingen die starren Leiber entseelter Zuschauer, deren gebrochene Blicke dieses Königreich des Todes spiegelten.“

„Auf den Boden ausgestreckt, kam mir die Leiche bedeutend länger vor, aber zu meinem Schrecken wuchs sie noch immer – ruckweise, knackend, wie aus einem geheimen Kraftüberschuß.“

„Wie ich erfahren habe, opferte er im Namen des Traumvolkes der Sumpfmutter und verband sich aufs neue mit ihr – in Mysterien, in denen Blut und Geschlecht besonders bedeutsam waren. Ein alter Tempelspruch ‚Auf Blut steht Wahnsinn‘ war in Erfüllung gegangen.“

Kubin beschreibt einen untergehenden Staat, der in seiner Düsternis, in seiner chaotischen Irrwitzigkeit das 1984 von George Orwell deutlich in den Schatten stellt. Und damit ist auch wieder der Bogen in die heutige Zeit geschlagen.